Als Familie in Sao Paulo

Mitte Februar machen wir uns für vier Wochen auf den Weg nach Sao Paulo.
Der Flug läuft super, Martinho und Susi empfangen uns herzlich! Der Frühstückstisch ist lecker gedeckt und wir genießen die Frische der südländischen Früchte. Wir leben bei ihnen in Campos Eliseos (Cracolândia ) im Zentrum von São Paulo. Es ist eines der Drogenviertel der Welt, wo am meisten öffentlich gehandelt und konsumiert wird! Die ersten zwei Tage sind wir in São Paulo unterwegs. So viele obdachlose Menschen habe ich noch nie gesehen! Und so viele Karnevalveranstaltungen auch nicht. 
Durch die Feiertage ist es die ersten zwei Tage auf dem Gelände noch sehr ruhig. Doch dann beginnt ‚High live‘. Jeden Tag kommen ca. 150 Kinder und Jugendliche zum Mittagessen. Danach gibt es unterschiedliche Bildungs- und Freizeitangebote wie z.B. Judo, Tanzen, Fußballtraining, Volleyball, Englisch, Informatik, etc. Jedes Kind, dass hier herkommt, lebt entweder in einem besetzen Hochhaus oder einer Favela (vgl. Slum) und hat einen familiären
‚backround‘, der sehr erschreckend ist – Gewalt, Drogen, Armut, Kriminalität, Perspektivlosigkeit spielt in dem Leben eines jeden Kindes eine Rolle. Oft ist nur ein oder gar kein Elternteil mehr anwesend. Viele sind auf sich gestellt, bekommen bei Educare (IBTE) ihre einzige Mahlzeit am Tag!

Die Lebensperspektive ist bei den Meisten Kriminalität und Prostitution! Die Kinder und Jugendlichen lieben es zu IBTE zu kommen. Hier haben sie einen Ort, wo sie Kind sein dürfen, wo ihnen jemand zuhört, sie eine andere Perspektive für ihr Leben bekommen. Wir fahren an einem Abend durch eine Ansammlung von vielen hunderten Menschen. Hier werden Drogen gehandelt und konsumiert. Ich kann kaum in Worte fassen, was wir sehen. Menschen, die sich nicht mehr wie Menschen verhalten. Sie sind von ihrem Wesen und Aussehen völlig verändert
durch die Drogen – laufen gebückt, ziehen Grimassen und sind nicht mehr bei Verstand. Es hat mich unglaublich erschreckt, noch nie habe ich so etwas gesehen und genau in dieser Masse von Menschen befinden sich viele Eltern der Kinder. Ein dreijähriger Junge ist alleine daheim eingesperrt während seine Mutter sich in der Menge befindet und Drogen konsumiert.
Ich bin beeindruckt und habe höchsten Respekt vor der Arbeit, die Martinho & Susi und ihre Ich bin beeindruckt und habe höchsten Respekt vor der Arbeit, die Martinho & Susi und ihre
Ich bin beeindruckt und habe höchsten Respekt vor der Arbeit, die Martinho & Susi und ihre
Mitarbeiter hier tun.
Es ist unglaublich mit welcher Leidenschaft sie sich für die Kinder einsetzen, dass in diesem so krassen Stadtviertel Kinder Jesus kennenlernen und Veränderung erleben.
Nach einer Woche Strand und Meer und europäischen Standards sind wir zurück in Sao Paulo. In wenigen Tagen geht es los auf das von den Kindern heiß ersehnte Camp. Wir machen uns auf den Weg raus aus der Großstadt ins Inland. Das Camp findet zweimal im Jahr statt und ist für viele Kinder das erste Mal, dass sie aus ihrem Alltag und São Paulo herauskommen! Über 100 Kinder und Jugendliche im Alter von 8-16 Jahren sind dabei. Es ist für die Kinder kaum zu glauben, was sie dort erleben- mehr als genug zu essen, ein eigenes Bett, Schwimmbad, tolle Gemeinschaft, Spaß und Spiel! Kinder, die nie lachen fangen an hier aufzublühen, andere können endlich weinen und haben einen Ort, wo sie heraus weinen und erzählen können, was sie daheim erleben.

Sechs Geschwister sind zusammen dabei- der älteste 16 Jahre, die jüngste 3 Jahre- die Mutter seit über einem Jahr im Gefängnis mit einer Haftstrafe von 10 Jahren. Die Kinder leben beim Stiefvater, sind jedoch auf sich gestellt, weshalb auch alle sechs auf dem Camp dabei sind. Ein anderer Junge, 8 Jahre ist mit seinem kleinen Bruder oft mehrere Tage alleine daheim, während die Mutter weg ist, Drogen nimmt und krumme Geschäfte macht. Sie sagt sie gehe einkaufen und kommt tagelang nicht wieder heim. Das Motto des Camps sind zwei Bibelinhalte. Aus Jesaja 43,1 und Psalm 139. Jeweils morgens und abends ist ein Gottesdienst mit viel Musik und wichtigen Impulsen für die Kinder und Jugendlichen. An einem Morgen haben alle die Möglichkeit ihre Geschichte und ihre Wünsche für die Zukunft auf Papier zu bringen in Bild und Wort. Verbunden mit dem Lagerfeuer am letzten Abend ein sehr emotionaler Prozess. Viele vertrauen sich zum ersten Mal jemandem an. Wir sind ums Lagerfeuer und alle Kinder weinen, manche still in sich hinein, andere laut ungehalten. Als ein kleiner Junge weinend zu mir in die Arme läuft, kann ich nicht mehr zurückhalten was ich empfinde und mir laufen auch die Tränen- plötzlich kommt dieser Schmerz der Kinder bei mir an und für mich wird ihre große Not nochmal auf einer anderen Ebene so spürbar. Jeder hält irgendwo jeden im Arm und als ich sehe wie die Kinder sich gegenseitig trösten und ein Junge den anderen hält wird mir klar – sie haben wirklich niemanden bei sich zuhause, nur sich gegenseitig und IBTE, Susi und Martinho und ihre Mitarbeiter!

Erfüllt, platt, mit Bedauern, dass die Woche schon um ist und dennoch großer Veränderungsmotivation machen sich drei volle Reisebusse auf den Weg nach São Paulo zurück. Ich bete, dass diese Kinder weiter regelmäßig zu IBTE kommen und die Chance auf ein anderes Leben wie das ihrer Eltern bekommen! Direkt vom Camp aus geht es auch für uns nach Hause! Vier erlebnisreiche und bewegende Wochen liegen hinter uns! Wir sind sehr dankbar, dass wir diese Reise machen konnten und für alle Erfahrungen, die wir im Herzen mit nach Hause nehmen!
Benni und Nora, Paulo und Malia
Gruppenbild der Kinder vom Camp
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